Die Geschichte des Mains

Vor vielen Tausenden von Jahren gab es noch keinen Rhein und Main im heutigen Sinne. Nachdem in der Tertiärzeit das Gebiet desheutigen Ober-Mittelrheins und Untermains eingesunken war, und die feuerflüssige Basaltlava sich erhärtet hatte, bildete unsere Heimat damals einen See, der vom Taunus, Spessart, Odenwald, Hardt und dem Rheinischen Schiefergebirge begrenzt wurde. Dieser See wurde von den Gebirgsflüssen gespeist, so auch von einem Urmain, der vom Spessart und dem Fichtelgebirge rote und schwarze Kiesel als meterhohe Kies- und Schotterbänke ablagerte, die wir überall im heutigen Maintal und Rodgau noch feststellen können.
Der von diesen reißenden Gebirgsflüssen gespeiste See suchte einen Abfluss durch das Rheinische Schiefergebirge und bohrte sich beim heutigen Bingen eine Abflussrinne zum Meer. Allmählich sägte der See eine immer tiefere Rinne durch das Schiefergebirge, so dass dadurch und infolge klimatischer Veränderungen der See sich immer mehr verengte, bis er als heutiger Rhein mit ursprünglich breiten, sumpfigen Ufern und vielen Nebenarmen am heutigen Ober- und Mittelrhein sich sein schmales und tiefes Bett durch das Schiefergebirge bis zum Meere gegraben hatte. Der Main, der Neckar, die Kinzig, die Nidda und viele andere Nebenflüsse folgten dieser Entwicklung.
Auch beim Main lassen sich in unserer Gegend die verschiedenen Läufe an der Bodenbeschaffenheit noch erkennen. So lief er in erdgeschichtlich sehr früher Zeit durch den Rodgau an Lämmerspielvorbei, wo der Sand in seinen unteren Lagen Fluss- und in den oberen Lagen Flugsand ist. Als in späterer Zeit der Wasserstand immer mehr zurückging, wuschen sich die Wassermassen ein neues Bett. Da die Basaltfelsen von Steinheim ein Hindernis bildeten, wand sich der Main immer noch in verschiedenen Läufen auch längs des Hellenwaldes um den Basaltkegel herum und floss zwischen dem ehemaligen Groß- und Kleinsteinheim am Pfaffenbrunnen vorbei. Inder jüngeren Steinzeit, d.h. um 2000 v. Chr., mag der Main nach Funden bei Dietesheim und Steinheim im großen ganzen schon in seinem heutigen Bett geflossen sein. Die Bewohner waren zugleich Jäger, Bauern und Fischer. Bei der geringen Einwohnerzahl konnte jeder ohne Schädigung des anderen seine Nahrung auch auf dem Main finden.

(Quelle: „Geschichte der Fischerzunft Steinheim, von Dr. Leopold Imgram, aus dem Jahr 1960)

Die Fischerzunft in früheren Jahren

Im Mittelalter schlossen sich die erbberechtigten Fischer von Steinheim, Groß-Auheim und Dietesheim zur gemeinsamen Ausübung ihres Berufs und zur geregelten Aufsichtsführung zusammen, um den Fischbestand zu schonen und jedem Fischer sein Brot zu geben.
Damals war es eine Hauptsorge der Regierungen, den Fischbestand zu erhalten, zum Segen der Fischer und zum Wohle der Allgemeinheit. Die Fische waren damals, da der Verbrauch der Seefische im Binnenland noch nicht möglich war, ein Hauptnahrungsmittel für die Bevölkerung. Deshalb kümmerte sich die Regierung durch Verordnungen um geregelten Fischfang und die weidgerechte Ausübung der Fischerei in den Zünften.
So gaben die Kurfürsten von Mainz als oberste Landesherren ihren Fischerzünften Ordnungen, die Grundsätzliches zur Erhaltung des Fischbestandes und zur Organisation der Fischerzunft enthielten. In einer Urkunde des Kurfürsten Berthold von Henneberg aus dem Jahre 1500, die sich als älteste Urkunde bei den Akten der Steinheimer Fischerzunft befindet, wurden:

1. Die Netze untersagt, die sich zu Massenfängen besonders eignen. Dies waren damals das Stellnetz, das Wurf- und der Breitgarn.
2. Durften nicht mehr als sechs Fischer mit Schnepplausen auf das Wasser fahren.
3. Durfte kein Fischer mehr als 100 Reusen in das Wasser legen.
4. Kein Fisch durfte in solchem Alter gefangen werden, in welche mer zur Fortführung seiner Art noch nichts hatte beitragen können (sogenannte untermaßige Fische).
5. Schonzeit bestand bis zum St. Jakobstag (25. Juli), aber währenddieser Schonzeit durfte an zwei Tagen in der Woche gefischtwerden.

Nach der Ordnung von 1590 lagen bereits die Fischereigrenzen der Frankfurter, Kesselstädter, Steinheimer und Seligenstädter Fischerzunft in etwa fest. Danach durften die Steinheimer Fischer nicht über die Hainstädter Bach, dem sogenannten Pech- oderneuen Graben, der unteren Grenze der Seligenstädter Zent, mit dem schweren Garn fischen, und die Seligenstädter hatten mainaufwärts ihre Grenzen mit schweren Garnen an der sogenannten Grasbrücke, der heutigen Grenze zwischen Bayern und Hessen. Hier begann der Fischereibezirk der Aschaffenburger Zunft. Dagegen durften die Seligenstädter Fischer mit fliegendem Garn, d.h. Waden, Schnepplausen und Hebgarn, bis Frankfurt und über Aschaffenburg, und die Frankfurter, Kesselstädter und Steinheimer Fischer auch nur mit fliegendem Garn bis über Aschaffenburg fahren. Im Jahre 1789 waren von den drei Zünften die manchmal
strittiqen Grenzen durch den Mainzischen kurfürstlichen Kommissar, Vizedomamtsdirektor Will, wie oben angegeben, klar festgelegt worden.
Auch nach der Ordnung des Kurfürsten Daniel Brendel von Homburg aus dem Jahre 1573 wurde den Fischern das schädliche „Gezäue“, d.h. Wurf- und Breitgarn, verboten, da „durch solch verderblich Fischen der Main entblößt wird“. So waren die Landesherren darauf bedacht, dass von den einzelnen Fischern kein Raubfang betrieben wurde, so dass jeder Fischer sein Brot habe, und dass bei der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Fische „der Arme sowohl wie der Reiche seine notdurft am Fischen um einen ziemlichen pfennig erlangen und bekommen möge“.
Im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) war der Main barmherzig mit Freund und Feind und gab jedem seine Nahrung. Die Not gab jedem, der leben wollte, ein Netz oder ein anderes Fanggerät in die Hand. Die Wildfischerei blühte. Der Main wurde ausgeraubt, auch mit schweren Netzen, die vordem verboten waren. Um dem Wildfischerunwesen ein Ende zu machen, erneuerte und bestätigte Kurfürst Johann Philipp von Schönborn im Jahre 1672 die alte Ordnung (sie befindet sich im Original bei den Akten der Fischerzunft Steinheim), die die Erbfolge und die regelrechte Ausbildung im Fischerhandwerk stützte.
Zu dieser Zeit war es so, dass an der Spitze der alten Steinheimer Fischerzunft der Vorstand mit dem ersten und zweiten Zunftmeisterstand. Neben diesen wirkten der Kerzenmeister (der Kassierer)sowie zwei Beisitzer, und als fünftes Mitglied wurde einer von den jüngst ernannten Meistern bestimmt, damit auch dieser bald in den Geist und in die Aufgaben der Zunft eingeweiht wurde und das geschriebene und Gewohnheitsrecht weitergeben konnte, wenn er selbst greiser Fischer geworden war. Der erste Zunftmeister war meist aus Groß-Steinheim. Er hatte die Vertretung nach außen und die Aufsicht über das innere Leben der Zunft. Der zweite Zunftmeister war meist aus Klein-Steinheim. Von den Beisitzern war einer aus Dietesheim, der andere aus Groß-Auheim. Diese beide nachteten auch in ihren Zunftorten auf das berufliche Verhalten ihrer Zunftmitglieder und auf die Innehaltung der Zunftordnung.
Die Zunft übte auch Disziplinargewalt über ihre Mitglieder aus und schloss sie von der Zunft aus, wenn sie sich der Zunftordnung nicht fügten, oder wenn ein Zunftbruder den anderen beleidigt hatte, und diese sich nicht innerhalb 14 Tagen vor dem Kerzenmeisterverglichen hatten. Zunftgenossen konnten auch ausgeschlossen werden, wenn sie sich sittlich vergangen, wenn sie gestohlen, wenn sie schlechte und untermäßige Ware oder diese zu niedrigen Preisen verkauft hatten.

(Quelle: „Geschichte der Fischerzunft Steinheim, von Dr. Leopold Imgram, aus dem Jahr 1960)

Das alte Zunfthaus in Steinheim

Das erste Haus auf der rechten (nördlichen) Seite der Brauhausstraße in Hanau-Steinheim (Brauhausstraße 1) ist das ehemalige Haus der Fischerzunft. Es liegt gegenüber dem Hofbrauhaus, wo sich an einer Straßengabel ein kleiner Platz bildet.
Von der interessanten Fachwerkkonstruktion, die heute völlig unter Putz liegt, ist leider nichts mehr zu sehen. Das Haus wurde später durch Anbauten erweitert. Der alte Kern bestand aus einem rechteckigen Fachwerkbau. Dessen Untergeschoß enthielt ursprünglich eine hohe Halle, in deren Mitte eine freie Holzsäule stand. Dieser Raum wie auch die heizbare Stube des Obergeschosses dienten der Zunft der Fischer und Schiffer.
Der Herd des Hauses war also in seinen Anfängen eines der noch schornsteinlosen mittelalterlichen Rauchhäuser. Darauf weist das teilweise geschwärzte Dachholz. Dazu passt auch das nach der Dendrochronologie des alten Bauholzes gewonnene Baujahr 1414.In seiner Konstruktionsart, besonders mit dem ursprünglich hallenartigen Raum des Untergeschosses, ähnelt das Haus anderen Zunfthäusern. Diese sind wieder mit den Rathäusern verwandt.

(Quelle: „Steinheim – Denkmäler und Geschichte“ von Wilhelm Bernhard Kaiser)

Die Fischerordnung von 1672

Wir Johann Philipp von Gottes gnaden des heiligen Stuhls zu Maintz Erzbischoff, des Heiligen Römischen Reichs durch Germanien Ertzkanzler und Churfürst, Bischoff zu Würtzburg und Wormbs und Hertzog zu Franken, bekennen und thun kundt hiermit. Demnach Unß unßere Underthanen die sambtliche Fischer in Unserer Statt und Ambt Steinheimb unterthänigst zu vernehmen gegeben waßmaßen sie hiebevor bey weilandt Unßern Vorfahren Ertzbischoffen und Churfürsten zu Maintz mit gewißer Ordnungversehen gewesen, selbige aber durch das langwiehrige Teutsche Kriegswesen gäntzlich in abgang kommen, worüber bey dem Handwerkh allerhand schädliche Unordnungen und Beschwerungen eingerissen und diesem nach gehorsamst bittend, nachdemahlen Ihnen sowohl alß dem gemeinen Weßen ahn Anricht und Unterhaltung guter Ordnung merklich gelegen, Wir gnädigst geruhen wollten Ihnen angeregte ihre vormalß gehabte Ordnung zu bestettigen auch dergleichen von neuem zu geben und zu ertheilen.
Daß Wir sothane ahn Uns gelangte Bitt auf gemelter Unßerer Unterthanen sonderlichen sowohI alß dem gemeine nutzen und bestes in Gnaden ahngesehen, und denenselben Ihre Ordnung mit guetem Vorbedacht und rechtem wissen Bestättigt, auch dieselben von neuem ertheilt und gegeben haben, nachfolgenden Inhalts:
Erstlichen
solle Keiner zum Fisch ahngenommen noch ein Fischerzugelassen werden, er were dan eines Fischers Sohn, aber hette beiden Fischern drey Jahr für einen Jungen gedient oder das Handwerkh anderer orthen redlich gelehrnt.
Zweiytens
sollen zwar diejenige, so daß Handwerkh umb daß dritte oder halbe Theil oder gar nicht gelehrnt, aber doch schon lange Jahrselbiges exercirt, vor dießmahlen bey Uffrichtung der Zunfteingelassen werden, jedoch dergestalt daß sie dem Handwerkh zuforderst zehen Gülden erlegen, Ihren Sohn aber gebühren duffdingen und bey anderen Meistern lehrnen lassen, dergleichenaber inß künfftig keiner mehr zugelassen werden solle.
Drittens
solle er sich mit gebührlichem Geldt, Wein und Wachs, namblich ein Fremder, der noch nicht in der Zunft ein halben Guldenahn Geldt, in Pfund Wachs, sechs Batzen Leuchtergeldt und ein viertel Wein, ein Einheimischer oder eines Zunftbruders Sohn wehre, ein Pfund Wachs, sechs Batzen ahn Leuchtergeld, ein Viertel Weineinkaufen und einen ehrlichen und redlichen Namen in die Zunftbringen.
Fünfftens
soll das Fischen auff Sonn- und Feyertage, wie auch auff Sonn- und Feyertag Nacht verboten sein bey Straff eines Gulden.
Sechstens
solle auff Sonn- und Feyertag abendts vor dem Ave Maria-Leuthen keiner in die Fisch fahren bey angesetzter Straff. Doch können auff den Nothfall die Reusen auff Sonn- und Feyertagemit Erlaubnis der Obrigkeit gehoben werden.
Siebentens
sollen die Reusen deß Nachts zu heben verboten sein.
Achtens
sollen die Ambtsbach, Herren- und Bohnwasser bei Straffzehen Gulden verboten sein, und darum niemand ohne erlaubniß weder Tags noch Nachts zu fischen Macht haben.
Neuntens
Welcher Fischer Ländtschiff (Ländtschiff = 1/2 Nachen, Kopf gegen den Strom verankert. Die Barben überwinterten in diesem Ländtschiff, das nach der Eiszeit des Winters an einer Kettehochgehoben wurde) begehrt zu legen, soll mit den anderen losen und einleg umb die andere verloßet werden.
Zehendens
soll in Einem Hauß mit zwey Schelchen oder mit zwey Gahrnen zu fahren verbotten sein bey straff zweyer Gulden.
Elfftens
sollen alle langen Schnüre verboten sein und keiner mehr alß achtzehen Querschnüre legen bey Straff eines halben Gulden, soofft daß geschiht.
Zwölfftens
sollen die Breitgarn gantz und gar verbotten sein, eß sey denn daß eß mit obrigkeitlicher Erlaubnis geschehe.
Dreyzehendens
sollen die Setzgarn uff Johannistag des Erste mahl zu setzen erlaubt sein, und solle mit gemeltem Setzgarn eine Ordnung gehalten werden, damit keiner den anderen übervortheilen.
möge (damals Hauptfischereiart).
Vierzehendens
soll des Nachtleuchten Garn steckhen Kockel(Kugel mit Explosionsstoff) einwerfen verbotten sein bey Straffzehen Gulden.
Fünffzehendens
Wan einer geschlagen were soll ers innervierzehen Tagen dem Kertzenmeister ahnzeigen und sich mit seiner Gegenparthey in den nechsten vierzehen Tagen oder vier Wochen im Beysein des Kertzenmeisters vertragen oder das Fischen vermeiden, bis es wieder gutgemacht ist (Schiedsgericht, unter Umständen Ausschluss). Auch da er es über die Zeit bestehen ließ gar aus der Zunfft sein.
Sechzehendens
Wan einer in der Zunfft were und sich unredlichmachte, daß man verursacht were, Ihn aus der Zunfft zu thun, solle das Fischen auch verbotten sein.
Siebzehendens
soll auch keiner mehr alß sieben Kochen Steckhen zu setzen erlaubt sein bey Straff ein Gulden.
Achtzehendens
Die Fischtax betreffendt wollen sie Fischer der Obrigkeit nicht ein- oder vorgreiffen, sondern dieselbe wird nach Erkandtnis der Zeit und des Taxes anderer Orthen Tagtax jährlich festgesetzt, deme sich davon jeder gemäß verhalten oder sich obrigkeitlicher Straff unterwerffen solle.
Neunzehendens
sollen die Weißfisch zween Pfenning, die Barbedrey Pfenning und andere bessere Fisch ein Creutzer wohlfeiler den hiesigen Bürgern alß den Frembten verkaufft werden.
Zwantzigstens
sollen keine Fische von hier außerhalb getragenoder verkaufft werden, es seyen dan dieselben zuvor allhierfeilgeboten worden.
Letztlichen
, Wan auch gesambte Zunfftbrüder die zur Leich oder Gebott (Das Gebot war die regelmäßige Zunftversammlung)beruffen würde, und sie darüber außbleiben ohne erhebliche Ursach, soll ein Viertel Wein und ein Pfund Wachs zur Straff angefordert und damit sich mit der Unwissenheit hierinnen Keiner zu entschuldigen habe, soll diese Ordnung den Fischern jährlich uff Pfingstdienstagvbey offtentlich versambleter Zunfft inßgemein vorgelesen werden.
Diesemnach Unsern Ober- und Unterbeamten Unseres Ambts Steinheimb gnedigst befehlen, dass sie obgedachte Meister des Fischerhandwercks bey dieser Ihnen bestetigten und von neuem gegebenen Ordnung bleiben lassen, dar wieder nicht beschweren noch daß es von andern geschehe, gestatten, sondern sie dargegen darbey vielmehr schützen und handhaben. Auch Dahin sehen sollen, damit die verfallenen Straffen zue zweyen Drittheilen gebühren dein gebracht und uns verrechnet, dem Handwerkh aber ein Drittheildavon gelassen werde.
Zu Urkhund dessen haben Wir Unser Kantzley Secret Insigel an diesen Brieff hencken lassen.
Der geben ist zue St, Martinsburg in unserer Stadt Maintz den sechsten Monatstag Aprilis im sechzehnhundertzwey und-siebenzigsten Jahr.

(Quelle: „Geschichte der Fischerzunft Steinheim, von Dr. LeopoldImgram, aus dem Jahr 1960)

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